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Tag 4: Samstag

Mit leichter Verspätung starten wir in den Samstag: Der Jugendclub des WLT Castrop-Rauxel zeigt sich flexibel und wartet auf die Ankunft aller Zuschauer*innen. Bei “Lügen und Verweigerungen” wird sich vielfältig mit dem Thema Wahrheit oder Pflicht auseinandergesetzt. Auch das Publikum ist gefragt: Wie schätzen wir die Spieler*innen ein? Ist die Geschichte von der zerrissenen Sporthose wohl wahr oder gelogen? Und bei der Suche nach Zuschauer*innen, die bereit sind bei “Pflicht” teilzunehmen, ist es beim UnruhR-Publikum natürlich nicht besonders schwer.

Die Reise von Castrop-Rauxel zur Probebühne des Theater an der Ruhr in Mülheim ist dann noch länger als geplant. Mit leichter Verspätung starten wir in die Workshops, in die der Mittagssnack mitgenommen wird. 

Sieben verschiedene Workshops stehen den Teilnehmer*innen zur Auswahl. Bei Felix Breuel wird schauspielerisch improvisiert, wobei es v.a. um Bewegung geht. Verschiedene Ebenen, Geschwindigkeiten, Fortbewegungsmöglichkeiten und Positionen im Raum werden ausprobiert – und das ganz ungewohnt ohne zu sprechen. Und trotzdem entstehen in den Bewegungen der Teilnehmer*innen kleine Narrative, wie z.B. eine Liebesgeschichten.

Bei Josefine Rose Habermehl wird über die 17 Ziele der Nachhaltigkeit der UN diskutiert: Welche Ziele wollen die Teilnehmer*innen hinzufügen?

Der Clown-Workshop findet wegen eines krankheitsbedingten Ausfalls bei einem Schauspieler des Theater an der Ruhr statt. Joshua Zilinske gibt den Teilnehmer*innen erste Anregungen um  ihre eigene Clownsfigur zu finden. Lässt mein Clown vielleicht ständig die Schultern hängen? Und was macht das mit der Stimmung? 

Bei Kathlina Reinhardt lasen die Teilnehmer*innen zunächst Auszüge aus dem Theaterstück “Dream on”, um dann Kostüme für die Charaktere zu entwerfen. Anders als man vielleicht denkt, ist es dabei nicht wichtig, ‘gut’ oder anatomisch korrekt zeichnen zu können: Der Entwurf sollte den Vibe, die Ausstrahlung der Figur vermitteln. Und schon wird drauf los entworfen! 

Judith Grytzka lässt die Teilnehmer*innen schreiben: Kurze Texte in der Gruppe und dann längere für sich selbst. Und diese werden dann nochmal umgeschrieben: Was wäre, wenn die Geschichte aus der Perspektive des Toasters passiert?

Bei Johanna Wildhagen wird aufgelegt. Die Teilnehmer*innen erfahren viel über die Technik eines DJ-Pults und legen eigene Playlists an – eine perfekte Vorbereitung für die Abschlussparty. 

Und auch das UnruhRgebiet bietet einen eigenen Workshop an: Kollektiv wird hier an szenischen Entwürfen gearbeitet und wild drauf los improvisiert. Bestimmt lassen sich so neue Mitglieder für die Gruppe begeistern!

Auch die Leiter*innen der teilnehmenden Jugendclubs lassen den Nachmittag nicht ungenutzt verstreichen: Sie sprechen zunächst darüber, was ihnen in der theaterpädagogischen Arbeit wichtig ist und wer sie als Theaterpädagog*in sind. Anschließend wird auch über die Zukunft des UnruhR Festivals gesprochen: Was nehmen wir aus den letzten Jahren mit? Was soll sich ändern, was kann so bleiben? 

Auf der kleinen Probebühne startet dann die Präsentation: Produktionsleitung Josephine Raschke moderiert die Abschlussshow. Aus dem Schreibworkshop werden drei Texte vorgelesen, wobei es z.B. darum geht, wie dankbar die Autorin ist, dass ihr Körper sich um Wunden kümmert und sie nach kleinen Unfällen immer wieder zuverlässig heilen lässt.

Zwei der Teilnehmer*innen aus dem Kostümbild-Workshop erklären uns ihre Entwürfe, die super unterschiedlich sind und doch für dieselbe Figur gedacht sind. Der Nachhaltigkeits-Workshop betritt dann gemeinsam die Bühne. “Wir haben Ziele” wiederholen sie chorisch, um zwischendurch immer wieder die eigenen Erfahrungen, Ziele und Kritik am Zustand der Welt zu teilen. Anschließend wird nochmal der Raum gewechselt: Der UnruhRgebiet-Workshop zeigt eine Collage an Szenen – mal lustig, mal melancholisch. 

Dann geht es raus an die Luft: Mal wieder steht der Essenswagen bereit und wurde bereits sehnlichst erwartet. 

Zur Eröffnung der Abschlussparty dürfen nochmal ein paar Teilnehmer*innen auf die Bühne: Gleich sechs Leute haben beim Quiz auf Instagram alle Fragen richtig beantwortet. Durch eine Schätzfrage wird dann die Gewinnerin ermittelt. Wie viele Fotos hat Sarah Pertermann bis zu diesem Moment vom Festival gemacht? Eine Dortmunderin ist am nächsten dran und darf das aufblasbare Schwimm-Lama mit nach Hause nehmen. Herzlichen Glückwunsch! Dann folgt eine lange Abfolge von Applausen: Danke an die Produktionsleitung Josephine Raschke, die das Festival 2023 zum letzten Mal organisiert hat. Danke an die Theaterpädagog*innen! Danke an das UnruhRgebiet! Danke an die Workshop-Leitungen! Danke an die Theaterhäuser! Danke an das Team für die Grafik und Dokumentation! Und last but not least und ganz besonders: Danke an die UnruhR-Teilnehmer*innen, die der Kern dieses Festivals sind und waren. Mit wund geklatschten Händen wird dann die Tanzfläche eröffnet: Der DJ-Workshop legt auf und trifft den genau richtigen Ton. Erst wird wild getanzt, um den Abend dann langsam aber sicher ausklingen zu lassen.

Danke an alle, die dieses wunderbare Festival möglich gemacht haben!

Tag 3: Freitag

Den Freitag beginnen wir im Theater Oberhausen. Der ansässige Jugendclub lädt uns in ihre Werkschau von “ICH GLAUBE ES REICHT” ein, die in der kommenden Woche Premiere feiern wird. Auf einem feindlichen Planeten sollen drei Gruppen von Auserwählten den jahrhundertelangen Krieg nun endlich lösen: Die konfliktfreudigen Kämpfer*innen wollen alle als Sieger*innen aus der Schlacht hervorgehen. Und obwohl sie sich mit Schwertern und Zauberkräften gegenseitig töten wollen, scheint “sterben” für manche doch ein Fremdwort zu sein. Lustig und kurzweilig und zum Schluss dann mit einem eindringlichen Aufruf nach Frieden unterhält uns der Jugendclub mit dieser Werkschau: Ein herzliches toi toi toi für die Premiere!

Beim Nachgespräch kommt die Frage auf, wie die Geschichte entstanden ist: Nach der knappen Antwort “Irgendwie” wird es dann doch noch ausführlicher. Das Album Chordata Bytes I von Imogen Heap fungierte als Leitfaden: Zu Songs wurden Geschichten geschrieben und szenische Ideen ausprobiert. Zum Abschluss wird einem der Spieler ein Ständchen gesungen, da er heute Geburtstag hat. 

Nun steht uns eine längere Zugfahrt bevor: Von Oberhausen rüber zum KJT in Dortmund. Dort werden wir glücklicherweise wieder vom Mittagssnack begrüßt: Es gibt Nudelsalat!

Der Jugendclub des KJT spielt anschließend “bodybild [and now i’m gonna roll myself in glitter and roll down that hill wie eine nuss im herbst]”. Die Spieler*innen beschäftigen sich mit den vielen Urteilen, Vorschriften und Idealen, die auf Körper angewendet werden: Sei schön, sei aber nicht eitel, sei groß, aber nicht zu groß, sei schlank, aber nicht dürr. Die Spieler*innen tanzen und reden sich durch diese Konflikte hindurch. Nach anfänglich viel Humor in Bezug auf absurde Körpervorstellungen wird es nach und nach immer verletzlicher und komplexer: Unendlich viele Vorstellungen prasseln von außen auf uns ein und werden irgendwann zu unseren eigenen Gedanken. Kann ich mich davon befreien und wenn ja, wie? Gelassen werden dabei Waffeln gebacken und gegessen.

Beim Nachgespräch herrscht eine ermutigende Stimmung: Die eigenen Erlebnisse werden ausgetauscht und die Spieler*innen erzählen, dass ihr Blick auf ihre eigenen Körper im Laufe der Probenzeit entspannter geworden ist: Der Bauch darf so viel Platz einnehmen wie er möchte. Lasst uns alle wohlwollend und freundlich mit unseren Körpern umgehen!

Im kühlen Theatercafé des KJT hat das UnruhRgebiet dann eine Schreibmeditation vorbereitet: Bei ruhiger Musik kann sich jede*r mit der eigenen Identität auseinandersetzen. Welche negativen, aber auch positiven Sachen, erzähle ich mir über mich selbst? Wer möchte, kann seine*ihre Texte auf zwei Bilder schreiben, die bei der Ausstellung am Samstag verwendet werden. Aber auch Zettel für ganz persönliche Notizen liegen bereit. Es kann hilfreich sein, das eigene Selbstbild aufzuschreiben – um es sich entweder bewusst zu machen und bei manchen Dingen auch, um sie loszulassen.

Das letzte Stück des Tages ist “Next Step! From Dystopia to Utopia” vom Jugendclub des Schauspiel Dortmund. Das Stück beginnt mit einer Anklage: Die Schule bringt einem viel bei – nur das Wesentliche scheint aus dem Lehrplan gestrichen: Wie entwickle ich ein gutes Selbstwertgefühl? Wie lerne ich, meinen Körper zu akzeptieren? Wie führe ich ein glückliches Leben? Um sich so ein glückliches Leben besser vorstellen zu können, switchen wir dann in ein Hotel und jede*r kann in eine neue Rolle schlüpfen. Wäre mein Leben als Hotelpage meine Utopie oder Dystopie? 

Im Nachgesprächs-Plenum geht es dann um die verschiedenen Vorstellungen von Utopien und Dystopien: Am Meer zu Wohnen ist für Nichtschwimmer*innen wahrscheinlich kein Lebenstraum.

Das Sahnehäubchen auf diesem wunderbaren Tag ist das Abendessen: Gnocchi mit Pilzsauce. Der Hof des KJT lädt dazu ein, den Abend gemütlich ausklingen zu lassen: Es wird geschnackt und gespielt, bis sich nach und nach alle auf den Heimweg machen. 

Tag 2: Donnerstag – Jetzt mit Tauben!

Tag 2 startet direkt mit Sonnenschein. Im neuen Wartesaal des Herner Bahnhofs warten wir auf die Vorstellung im alten Wartesaal: Die Gruppe pottspiel vom theaterkohlenpott zeigt uns “gekommen, um zu gehen”. Die Performer*innen beginnen mit Kontaktgesuchen: Versteht mich hier jemand? Braucht jemand Hilfe bei Grafik-Design? Die unterschiedlichen und doch ähnlichen Figuren suchen ihren Platz in der Welt. Und so sucht auch das Publikum seinen Platz im Raum. Der ganze Saal ist Bühne und Zuschauerraum zugleich – kaum habe ich meinen Platz gefunden, werde ich mal höflich, mal barsch darum gebeten, mich anders zu positionieren. Der Schwarm der Performer*innen findet sich immer wieder zusammen, um sich dann in kleinen Monologen oder Duetten sehr verletzlich zu zeigen. Die rührenden Momenten werden dann oft durch humorvolles Spiel aufgefangen. 

Danach werden die Kleingruppen-Gespräche in der Sonne geführt, um sich zum Talk im Plenum wieder im Wartesaal zu versammeln. Das Publikum beschäftigt die Frage, warum die Performer*innen so krass tanzen können und ob die Texte selbst geschrieben waren (waren sie!)

Dann machen wir uns wieder auf die Reise: Auf nach Essen! Als Mittagssnack bringt uns die Wohnküche belegte Brote und Getränke. Auf dem Hirschlandplatz beim Schauspiel Essen machen wir ein Picknick. Aber nicht nur die UnruhR-Teilnehmer*innen sind hungrig: Unter Todesgefahr werden die Butterbrote erfolgreich gegen hungrige Tauben verteidigt.

Die Positronen bringen dann ihre Performance “Nichts. Oder was noch da ist” auf die Bühne. Mit sage und schreibe 22 Performer*innen begeben wir uns in eine befremdliche Welt: Die Figuren finden sich in einem leeren Raum wieder: Keine Bäume, keine Häuser, kaum bekannte Gesichter. Alle ‘alten’ Menschen sind verschwunden. Die, die noch da sind, befragen sich gegenseitig zur Situation: Was ist passiert? Wer trägt die Schuld? Wie wird es weitergehen? Eine bunte Mischung aus Charakteren bringt das Publikum zum Lachen und Feiern – Mit den richtigen Menschen ist es vielleicht gar nicht so bedrohlich, von Neuem anfangen zu müssen. 

Beim Nachgespräch geht es dann erstmal darum, wie man mit so einer riesigen Gruppe überhaupt probieren und spielen kann – zum Schlussapplaus passen die 22 Spieler*innen gerade so nebeneinander auf die Bühne. Auch die Charaktere werden befragt: Beruht die Sache mit dem 21-jährigen Anwalt tatsächlich auf einer wahren Begebenheit?!

Und schon steigen wir in die nächste Bahn: Es geht nach Duisburg!  

Der Spieltrieb zeigt uns “Die Tagesschau von vor 18 Jahren” von Simon Paul Schneider. Das Stück wurde zum 18. Geburtstag des Spieltrieb geschrieben und begleitet die Figur Joy und ihre Emotionen von Geburt an: Nebeneinander werden Weltgeschichte und das persönliche Aufwachsen eines Mädchens erzählt. Die Spieler*innen sind alle zugleich Joy: Ihre Angst, ihre Wut, ihre Vernunft, ihre Naturverbundenheit usw. Im Hintergrund agieren immer wieder geheimnisvoll der Tod und eine mysteriöse Figur, die sich als “Sport” vorstellt, aber nicht ganz ehrlich wirkt. Mit großer Spielfreude agieren die Darsteller*innen sehr lebendig und nehmen uns mit auf diese Zeitreise durch Lebens- und Weltgeschichte.

Nach dem Schlussapplaus geht’s dann wieder an die frische Luft: Die Pasta von der Wohnküche wird wieder mal als Picknick im Hof des Theater Duisburg genossen. Im Nachgespräch werden dann einige Fragen geklärt: Was hatte es mit dem “Sport” auf sich? Wie ist das Ende des Stücks zu verstehen? 

Nach der letzten Frage endet dann der offizielle Teil des Programms. Den lauen Sommerabend genießen wir dann noch eine Weile in Duisburg, bevor die Züge uns alle nach Hause bringen.

Tag 1: Mittwoch

Willkommen, bienvenue, welcome! Das diesjährige Gastgeberhaus Theater an der Ruhr ist gut vorbereitet. Es regnet, aber die Stimmung ist gut: Nach und nach treffen die Jugendclubs ein und der Stationenlauf beginnt. Jeder Club hat eine Aktion vorbereitet, um den Einstieg ins Festival zu versüßen: Wir alle bekommen Buttons mit unserem Namen und ein T-Shirt mit dem UnruhR-R. 

An einer Fotostation können die Teilnehmer*innen auch Polaroid-Erinnerungsfotos schießen lassen: Mit einigen glitzernden Hasenohren und aufgeblasenen Hanteln dekoriert, entstehen Bilder von neuen und alten Freund*innen.

Am Tarot-Tisch wird über die nahe und ferne Zukunft geredet, während in der Let’s-Talk-Ecke alternative Namen besprochen werden: Joy, Wilma, Rina? Am nächsten Tisch werden sich die Hände schmutzig gemacht: Mit Blumenerde, Katzenstreu und Blumensamen werden Saatbomben gebaut, die in den kommenden Tagen im Ruhrgebiet verstreut werden können. Draußen geht es darum, was utopisch und was dystopisch ist: Wo positionierst du dich? Und gleich daneben werden neue Warm-Up-Spiele gelernt.

Und schneller als gedacht kommen dann alle im Zuschauerraum zusammen. Was wäre eine Eröffnung ohne Reden? Alex Weinstock, ein Dramaturg vom Theater an der Ruhr, und Jonas Girod, ein Spieler aus dem Labor I, begrüßen uns ganz herzlich. Aus dem letzten Jahr haben sie die Zeitkapsel des UnruhRgebiets mitgebracht, in der die Teilnehmer*innen kleine und große Glücksmomente des Festivals gesammelt haben. Jede*r Redner*in zieht daraus ein Zettelchen und reagiert darauf spontan. Anschließend betritt Sven Schlöttke vom Theater an der Ruhr die Bühne: Er erinnert sich gern an die vergangenen Festivals – auch weil ein guter Teil seiner Kolleg*innen im Haus selbst mal Teil des UnruhR waren. Die Sozial- und Kulturdezernentin Dr. Daniele Growe erklärt dann, was ihren Beruf ausmacht (z.B. das beständige Engagement in der Politik, um Kultur-Orte und Kultur-Schaffende zu erhalten und angemessen zu bezahlen) und wünscht uns ein schönes Festival – Theater, Musik und Kunst sind schließlich unersetzlich. Festivalleitung Josephine Raschke und Theaterpädagogin Sarah Kranenpoot informieren uns weiterhin über den Ablauf des Festivals und geben uns einige andere Infos: In unserem Festivalbeutel war z.B. eine sehr große Sicherheitsnadel, an der wir im Laufe der vier Tage kleine Anhänger sammeln werden. Nach jedem Stück bekommt man für den Besuch einen thematisch passenden Charm. Zum Schluss heizen dann nochmal Merriell Woods, Anouk Heck und Knut Kolckmann vom UnruhRgebiet ein: Mit einer Dezibel-App wird gecheckt, welcher Club sich am lautesten auf das Festival freut. Anschließend verlassen wir nochmal kurz den Saal, um dem Labor II Zeit für die letzten Vorbereitungen zu geben.

“Let them hear chaos” ist eine Performance mit Texten von Kae Tempest. Die Spieler*innen vom Labor II bringen ein chaotisch-hypnotisches Musikvideo auf die Bühne. Die Texte von Kae Tempest werden chorisch gesungen, gequakt, geflüstert und geloopt. Das Publikum surft in den Lyrics, den Sounds und Choreographien mit. Ohne anklagend zu sein, werden die emotionalen Höhen und Tiefen gezeigt, die zu einem Leben mit Klimawandel, Krieg, Internet und Erwachsenwerden dazugehören. 

Zum Nachgespräch wurden die Jugendclubs dann durchmischt: In Kleingruppen werden die ersten Eindrücke ausgetauscht und Fragen an die Künstler*innen gesammelt. Auf Zettelchen werden die Highlights gesammelt und den Clubs geschenkt. Im Plenum betritt das Ensemble nochmal die Bühne, um von der Probenarbeit zu berichten und Gedanken mit dem Publikum zu teilen. Mit dem Labor II wird darüber geredet, wie toll ihre Energie auf der Bühne war und sie werden gefragt, wie dieses spürbare gegenseitige Vertrauen der Spieler*innen entstanden ist.

Danach gibt es das heiß ersehnte Abendessen: Die Wohnküche serviert Chili sin Carne mit einer Limonade der Wahl. Guten Appetit!

Bei der Performance “Fühlt sich an wie Treibsand” vom UnruhRgebiet beobachten wir dann zwei Spielerinnen, die sich auf verschiedenste Arten näher kommen und distanzieren: Mal als Vater/Kind, mal als getrenntes Pärchen, dann wieder als Freund*innen versuchen sie, ihre Beziehung zu erhalten – was hält Menschen zusammen? Aus wie vielen Whatsapp-Nachrichten besteht eine Freundschaft? Lässt sich eine zerrissene Beziehung durch Klebeband wieder kitten? Mit selbst geschriebenen Texten, selbst choreographierten Tänzen und selbst komponierten Soundcollagen zeigt das UnruhRgebiet uns eine sehr persönliche Performance. Danke, dass ihr das mit uns teilt!

Im Nachgespräch dazu wird dann lebhaft über die verschiedenen Rollen diskutiert: Wann waren die Spielerinnen Vater und Kind und wann nicht mehr? Muss es eine klare Lesart der Rollen geben? Die Teilnehmer*innen tauschen sich rege aus – auch über das Format UnruhRgebiet an sich: Woher nehmen die fünf Teilnehmer*innen die Motivation für ihre Arbeit? Beim UnruhRgebiet darf jede*r alle Positionen ausprobieren: Wer möchte schreiben, wer spielen, wer inszenieren? Die einzige Gruppe, die ohne zuständiges Haus operiert, kann man nur für ihren Tatendrang bewundern – wir freuen uns, sie in den kommenden Jahren immer wieder beim UnruhR Festival zu sehen. 

Und das war unser erster Tag – wie schön! Und jetzt ab ins Bett, um Kraft für morgen zu tanken!

Tag 0

Vom 7. Juni – also heute – bis zum 10. Juni feiern wir wieder gemeinsam vier Tage lang das beste Festival der Welt: UnruhR! Neun Jugendtheatergruppen aus dem Ruhrgebiet und Du – auf der Suche nach Kunst, Community und neuen szenischen Orten. Seit 2002 treffen sich jährlich die Jugendclubs der Theater des Ruhrgebiets, um sich gegenseitig ihre Inszenierungen zu zeigen und in Workshops neue theatrale Skills zu lernen. 

Heute feiern wir bei unserem Gastgeber dem Theater an der Ruhr unsere Eröffnung: Mit Buttons und Siebdruck, mit Tarot-Karten und Let’s-Talks-Ecke, mit Polaroid-Fotos und Samenbomben-Bau, mit Reden und Happenings! Danach schauen wir dann gleich die Performances “Let them hear chaos” vom Labor II und “Fühlt sich an wie Treibsand” vom UnruhRgebiet. Und das wird dann unser erster Tag gewesen sein!

Tag 4: Samstag

Und ein vorerst letztes Mal können wir einen Tag mit dem unruhrigen Podcast starten: Vom Spieltrieb Duisburg erfahren wir, dass es in ihrem Stück geheimnisvoll und vielleicht auch etwas gruselig zugehen wird. Die Theatergirls aus Castrop-Rauxel haben sich, wie andere Gruppen auch, mit dem Klimawandel beschäftigt. 

Das erste analoge Ziel des Tages ist dann auch das Theater Duisburg, wo wir das Stück “Das Gewächshaus” vom Autor Jordan Tannahill sehen. Die Jugendlichen vom Spieltrieb haben gemeinsam mit ihrer Regisseurin Damira Schumacher das Stück nach Duisburg Marxloh verlegt. In der Geschichte ist ein verfallenes Gewächshaus der Ort, an dem Jugendliche all das ausprobieren können, was die Erwachsenen ihnen verbieten. Neben Ausgelassenheit und Partys kommt es allerdings auch zu Grenzüberschreitungen und Gewalt. Durch das emotionale und ausdrucksreiche Spiel der Darsteller*innen werden die Erlebnisse sehr glaubwürdig vermittelt – auch wenn nicht nur Menschen sondern auch Gegenstände und Tiere zu Wort kommen. 

Nach Stück-Ende und Applaus wird dann vor dem imposanten Gebäude des Theater Duisburg ein Gruppenfoto gemacht – natürlich begleitet durch den UnruhR-Schlachtruf. Vom anschließenden Mittagessen gestärkt, treten wir die weiteste Reise des Festivals an: Es geht von Duisburg nach Castrop-Rauxel. 

Dort zeigen uns die Theatergirls ihr Stück “zehn:neun:acht”. Ein zweites Mal beim UnruhR Festival kommen wieder Planeten zu Wort: Anders als bei den Positronen entscheiden Pluto, Neptun und Mars hier allerdings leider, dass die Erde zerstört werden muss. Und schon beginnt der Countdown: Die Figuren sind damit konfrontiert, dass ihr Leben scheinbar in zehn Stunden enden wird. Was also tun? Beten, ignorieren oder live-streamen? In der Szenencollage kommen die vielen unterschiedlichen Figuren mit ihren Sichtweisen und Prioritäten zu Wort und es wird mal komisch und mal melancholisch. 

Anschließend wird zunächst schriftliches Feedback gesammelt: Auf Plakaten darf man notieren, was man besonders gut fand und was vielleicht noch etwas unklar geblieben ist. Diese Plakate regen dann das Nachgespräch an: Im Sitzkreis auf dem Bühnenboden tauschen wir uns über die komplexe Geschichte von “Das Gewächshaus” aus und sprechen darüber, was wir wohl tun würden, wenn wir wüssten, dass die Welt in zehn Stunden untergeht. 

Als das dann auch geschafft ist, wird aufgetischt: Es gibt Pizza, Pasta und Salat und davon reichlich. Auch zum Abschluss eines Festivals bedarf es natürlich mindestens einer Rede. Die Produktionsleitung Josephine Raschke und Katharina Wyglendatz vom Unruhrgebiet übergeben die Zeitkapsel, in der Erinnerungen an das diesjährige Festival gesammelt wurden, an Sarah Kranenpoot vom Theater an der Ruhr. Dort wird das Festival im nächsten Jahr stattfinden. Dann gibt es noch eine Preisverleihung: Einige Teilnehmer*innen konnten alle Punkte auf der Bucket-List abhaken, doch Emma vom Theater an der Ruhr hat das Glück, dass ihr Zettel bei der Verlosung gezogen wird. Sie darf einen aufblasbaren Regenbogen mit nachhause nehmen. Und schlussendlich wird die Tanzfläche eröffnet: DJ Aaron.St legt auf, und im Regenbogenlicht werden die Hüften geschwungen. 

So klingt der letzte Festival-Abend aus: Müde und glücklich wird getanzt, geredet, Unsinn gemacht und nach und nach der Heimweg angetreten. UnruhR Festival war endlich wieder analog und ein voller Erfolg. Wir wünschen allen Teilnehmer*innen alles Gute und freuen uns, euch im kommenden Jahr wiederzusehen!  

Tag 3: Freitag

Der weite Weg zur Probebühne des Theater an der Ruhr wird durch den Podcast sehr unterhaltsam gestaltet: Josefine Rose Habermehl interviewt heute das Labor I aus Mülheim und die Positronen, die von ihren Stücken und ihrem Arbeitsprozessen berichten.

Am Ort des Geschehens angekommen geht es dann sofort auf die Bühne zu “fünf nach zwölf?!” von Labor I. Die fünf Spieler*innen machen aus dem Kampf gegen die Klimakatastrophe eine kurzweilige Improshow. Erst sehen wir, wie es so oft abläuft: Endlose Pakete fluten die Wohnung, weil das Shirt dann doch nochmal eine Nummer größer bestellt werden muss. Oder das Licht wird ununterbrochen an und wieder ausgeknipst, weil man sich nicht zwischen Gemütlichkeit und Sparsamkeit entscheiden kann. Die Spieler*innen holen dann den Helden “Nobody” zu Hilfe, der spontane, improvisierte Lösungen findet – und das Publikum darf sogar mitbestimmen, wie das Problem angegangen wird! Das Labor I schafft es, dem schweren Thema Klimawandel mit Leichtigkeit und Humor zu begegnen, so dass man den Saal mit guter Laune verlässt.

Nach kurzer Verschnaufpause geht es wieder in die Workshops. Im Regie-Workshop wird gemeinsam ein Stück gelesen, um anschließend darüber zu sprechen, wie man es inszenieren könnte. Unterdessen geht es bei den Einkaufszettel-Biographien heute auf eine andere Art in die Tiefe: Die Teilnehmer*innen probieren sich heute auch körperlich mit den erschaffenen Figuren aus. Körperlich geht es natürlich auch beim Physical Dialog und dem zeitgenössischen Tanz zu: Die Choreographien für das Abschluss-Showing wollen geprobt werden! Die Bühnenbild-Modelle und die vibrierenden Roboter bekommen ihren letzten Schliff (und die Roboter auch endlich ihre Namen!), während bei den Lichtgraffiti-Künstler*innen ein magisches Bild nach dem anderen entsteht. Zur Stärkung stehen jederzeit reichlich Falafel-Wraps bereit!

Das Showing zum Abschluss der Workshops sorgt für gute Stimmung: Nachdem man einige Stunden vor sich hin gearbeitet hat, sehen wir nun die Choreographien und erschaffenen Objekte der anderen. Es ist immer wieder erstaunlich wie viel schönes und erstaunliches in so kurzer Zeit erschaffen werden kann! Die UnruhR-Gemeinschaft spendet sich gegenseitig den wohlverdienten Applaus.

Anschließend geht es wieder in Straßen- und U-bahnen, die uns zum Schauspiel Essen befördern: Dort zaubern die Positronen ihr Stück “Klingt fast wie Sterne”. In der fantasievollen Geschichte finden sich Planeten in den Körpern von menschlichen Erdbewohner*innen wieder. Wie sollen sie da nur wieder herauskommen? Bei dem Versuch wieder Planeten zu werden, lernen sie einiges über die Erde und ihre Bewohner: Ihre Sprachen, ihre Musik, aber auch ihre Probleme. Die Menschheit ist gerade dabei ihrem Heimatplaneten massiv zu schaden. Die sechs Spieler*innen finden eine poetische Lösung, die das Publikum in friedvoller Stimmung aus dem Theatersaal entlässt.

Dann geht es in das schöne Café des Schauspiels Essen. Neben dem Chili sin Carne werden dort schon ein paar Fragen serviert, die nochmal zum Nachdenken über die Stücke anregen. Zum Gespräch geht es für die beiden Ensemble dann aufs Podium, wo stilecht ein Mikrofon herumgereicht wird. War das wirklich improvisiert? Wie seid ihr denn auf die Idee mit den Planeten gekommen? Welcher Song war das? Das Publikum darf die Künstler*innen mit Fragen löchern – und umgekehrt. 

Auf Discord empfängt Sarah Kranenpoot zum Abschluss des Tages noch Vorleser*innen in ihrer Stücke Ecke. In Lena Goreliks “Als die Welt rückwärts gehen lernte” geht es um Normen und was sie mit uns machen.

Tag 2: Donnerstag

Auch Tag zwei beginnt mit einer spannenden Podcast-Folge: Zu Gast sind die Jugendclubs #Zwischenwelten, die Spieler*innen von “Mädchen wie die” und die ECOisten. Das Gespräch wird tiefsinnig und macht große Lust auf die Theatervorstellungen, die vor uns liegen!

Das erste Stück des Tages ist “Die Welt wird eine andere gewesen sein”. Die Spieler*innen des Clubs #Zwischenwelten wagen einen Blick in die Zukunft und schauen zugleich auf die letzten beiden Jahre zurück. Mit Mut, Verletzlichkeit, Fantasie und Spielfreude zeigen die Spieler*innen dem Publikum ihre emotionale Szenencollage, die einiges zu bieten hat: Sehr persönliche Monologe und Songs, Improvisationen und Geschichten. In kurzer Zeit schaffen es die Spieler*innen mit Leichtigkeit in die Tiefe zu tauchen – vielen Dank, dass ihr uns mitgenommen habt. 

Danach geht’s mit dem Zug zum KJT Dortmund: Dort starten gleich die vielfältigen Workshops: Auf der Bühne und draußen werden Physical Theatre und Bewegungs-Methoden ausprobiert, während an einem Tisch Charaktere mithilfe von Einkaufszetteln entwickelt werden. In der ersten Etage gibt es Unmengen an Bastelmaterial: Zum einen werden Roboter gebaut, die sich wackelnd und zappelnd und malend fortbewegen. Zum anderen bekommen im Raum des Bühnenbild-Workshops kleine Modell-Figuren ihre eigenen kleinen Bühnen. Im Keller dagegen geht es beim Regie-Workshop um die Feinheiten bei z.B. einer Bauprobe: Nicht nur die Technik will gelernt sein, sondern auch der Umgang mit den Techniker*innen. Auch die Theaterpädagog*innen sind beschäftigt: In ihrem Profi-Workshop können sie sich in Ruhe über ihre Erfahrungen und Arbeitsweisen austauschen – natürlich mit reichlich Kaffee. 

Anschließend geht es dann zu “Mädchen wie die” auf die Probebühne. Die Spieler*innen des Jugendclubs zeigen uns ihre Werkschau, die aber schon sehr gut ausgestattet ist: Kostüme und das auf vielfältige Art bespielbare Bühnenbild passen vollkommen zur Geschichte, in der eine Schulklasse beginnt, ein Mädchen aus ihrer Mitte zu mobben, da ein Nacktfoto von ihr in Social Media verbreitet wurde. Den Darsteller*innen gelingt eine schwierige Balance: Einerseits zeigen sie eine gnadenlose Gehässigkeit, auf der anderen Seite wird auch immer wieder sichtbar woher sie kommt: Unsicherheit, Angst und der gesellschaftliche Druck dem Mädchen ausgesetzt sind. Das Stück regt zu vielen Fragen an, z.B. wie man selbst gegen den Druck einer Gruppe Widerstand leisten kann.

Und schon wird die Reise fortgesetzt! Auf dem Weg zum Schauspiel Dortmund werden die UnruhR-Sticker großzügig verteilt und sobald auch nur kurz Leerlauf entsteht, wird der UnruhR-Schlachtruf angestimmt. Kurz vor dem Einlass werden dann noch spontan ein paar Warm-Up-Spiele gespielt. Dann geht es aber auch schon los: Die ECOisten zeigen uns “No planet B – The silence afterwards.” In der Stückentwicklung haben sich die Spieler*innen mit der schwierigen Frage beschäftigt, wie mit dem Problem des Klimawandels umzugehen ist. Auf der Bühne werden die Rollen rasch gewechselt: Mal blicken Menschen aus der Zukunft auf das Jahr 2022 zurück und sind froh, dass der Klimawandel abgewendet werden konnte. Dann blicken wir in eine Dystopie, in der es klare Herrscher gibt, die die niederen Klassen unterdrücken. Das Stück hüpft von Szenario zu Szenario und endet mit einem Appell, die Hoffnung nicht aufzugeben: Gemeinsam mit unseren Freund*innen können wir es schaffen die Katastrophe abzuwenden, wenn wir uns alle genügend dafür einsetzen. Wenn wir alle so viel Tatkraft wie die Spieler*innen beweisen, glaube ich auch daran!

Die Nachgespräche finden dann wieder draußen statt. Auf dem Hof des Schauspiels Dortmund ist für jeden der Jugendclubs des Tages ein Feld abgeklebt: Darin dürfen die Darsteller*innen ihr Publikum zum Stück befragen: Konntet ihr euch mit bestimmten Szenen identifizieren? Geht man eher hoffnungsvoll oder hoffnungslos aus dem Stück? Habt ihr auch schon mal Peer Pressure erlebt? 

Nach so viel geistiger Nahrung tut das Abendessen mit veganer Nahrung dann doppelt gut. Und so endet zumindest der analoge Teil des Tages und nach und nach machen sich die Gruppen auf den Heimweg. Im Discord wird im Nachtcafé dann noch ein bisschen weiter getratscht.

Tag1: Mittwoch

Die erste Kontakt-Aufnahme des Festivals mit seinen Besucher*innen ist die freundliche Begrüßungs-Mail am Morgen, die nochmal den genauen Tagesplan enthält, sowie der unruhRige Podcast von Josefine Rose Habermehl. Dort sind heute Sarah Wessels, die Archivarin des UnruhR-Festivals zu Gast sowie das UnruhRgebiet und die Gruppe mashup X vom Theater Oberhausen. Die Clubs erzählen von ihren Arbeitsprozessen und den Herausforderungen, die sie dabei meistern mussten.

Reges Treiben herrscht dann nachmittags im Innenhof des Theaters Oberhausen: Nach und nach (manche mit zug-bedingter Verspätung) trudeln alle Jugendclubs ein. Und es gibt auch sofort einiges zu tun! Gleich links kann man sich ein T-Shirt per Siebdruck dekorieren lassen, damit das große UnruhR-R unübersehbar darauf prangt. Mit den Textilstiften aus den Festivalbeuteln kann man dann außerdem die Unterschriften der anderen Teilnehmer*innen sammeln oder das Shirt nach Herzenslust bemalen. Die Button-Maschine wird auch gut genutzt: Nun sind alle mit Namensschildern ausgestattet. Neben den eigenen Smartphone-Kameras liegt auch eine Polaroid-Kamera bereit mit der einige Selfies und Gruppenfotos gemacht werden. Von den ECOisten aus Dortmund (die am Donnerstag auftreten werden) liegt auch das „Gästebuch der Erde“ aus, in dem man sich verewigen kann.

Anschließend geht es dann zum etwas offizielleren Teil über: Was wäre eine Festival-Eröffnung ohne Reden? Anke Weingarten moderiert das Ganze und die erste Rede kommt vom Intendanten des Theaters Oberhausen, Florian Fiedler. Er hält ein Plädoyer für „Darstellendes Spiel“ als verpflichtendes Schulfach und freut sich umso mehr, dass so viele Jugendliche von sich aus Theater spielen wollen. Per Videobotschaft ist dann die Festival-Gründerin Martina Droste dabei, für die das Festival ein Ort ist, um Grenzen einzureißen, damit viele verschiedene Menschen einen gemeinsamen Raum finden können. Bernhard Deutsch, ein weiterer Festival-Gründer, erzählt dann von den Hürden, die das Festival nehmen musste, um weiter bestehen zu können und lobt die Weiterentwicklung, die UnruhR gerade in den letzten zwei Jahren durchlebt hat. Mit der Festivalleitung Josephine Raschke wurde zum Schluss dann noch ausgiebig der Festival-Schlachtruf geübt!

Und schon wird das erste Stück gezeigt: Das UnruhRgebiet präsentiert „Alle meine sieben Sachen“. Zunächst sagen die drei Spielerinnen nichts: Für sie sprechen Audio-Aufnahmen, die von Verlusten und Erinnerungen erzählen – trotzdem geht es auch wild zu: Die zahllosen Koffer auf der Bühne sollen versteigert werden! Dabei gehört doch einer davon einer Spielerin! Warum der Koffer so wichtig ist, erfahren wir später: Durch einen Szenerie-Wechsel sind wir plötzlich bei der Aufnahme eines Podcast dabei: Eine FSJlerin erzählt von ihrer Arbeit mit Demenz-Kranken. So verstehen wir im Nachhinein, dass wir zu Beginn des Stücks bei den Erinnerungen zweier an Demenz erkrankter Menschen dabei waren.

Aus dem Hof duftet uns danach schon das Abendessen entgegen: Penne mit vegetarischer Bolognese und Gemüse. Gestärkt geht es dann wieder zurück in den Saal: Mashup X zeigt einen Zwischenstand ihres Stücks „Ungewohnt/Gewohnt“, das am 9.6.2022 auf der Probebühne 2 des Theater Oberhausen Premiere feiern wird. Vier Figuren wohnen zusammen – obwohl sie sich alle nicht ganz grün sind: Da sind die zurückgezogene Philosophie-Studentin, die Polizei-Anwärterin mit Aggressions-Problemen, die alkoholkranke Weinliebhaberin und die geschiedene Frau mit Putzfimmel. Ständig wird gemeckert und gezankt – bis der erzwungene Auszug vor der Tür steht. Sie raufen sich zusammen – ob sie aber weiter zusammen wohnen werden oder getrennte Wege gehen erfahren wir wohl erst bei der Premiere. Alles Gute und viel Erfolg dafür!

Zum Nachgespräch bleibt das Publikum zwar weiter im Saal, bewegt sich aber durch den Raum: Es werden einige Ja-Nein-Fragen gestellt und je nachdem, ob man bejahen oder verneinen will, stellt man sich auf die eine oder andere Seite des Raumes. Manche Fragen werden fast einstimmig beantwortet, während andere das Publikum eher spalten. Die Fragen und Antworten können als gute Anregung für die Gespräche in den kommenden Tagen dienen! Nach und nach verlassen die Teilnehmer*innen dann das Theater, um sich per Zug auf den Heimweg zu machen.

Von zuhause aus gibt es dann noch die Möglichkeit im digitalen Festivalzentrum herumzustöbern: In Sarahs Stücke Ecke auf Discord wurde zum entspannten Ausklang des ersten Festivaltages Sergej Gößners „Der fabelhafte Die“ gelesen.