Zeit für Unruhr!

2002 schlossen sich die Jugendclubs der Theater des Ruhrgebiets zusammen: Ein eigenes Festival musste her! Und schon war das UnruhR-Festival geboren. Kinder und Jugendliche zeigen sich beim Wanderfestival ihre Produktionen und lernen so sich gegenseitig und viele Theater des Ruhrgebiets kennen!

Zeit für Unruhr!

Das UnruhR-Festival ist ganz für uns, für euch, für dich! Ganz viel Theater schauen, machen, bequatschen! Es gab bereits klassische Inszenierungen, Impro-Theater, Installationen, Performances, Online-Happenings, Podcasts, Audiowalks und noch so viel mehr!

Auch 2025 freuen wir uns wieder aufeinander: Es wird wild, laut und fröhlich!

News

Tag 4: Samstag

Auf geht’s zum letzten Festivaltag!
Tag 4 hält noch einmal ein richtig buntes Programm bereit: Zwei Stücke und eine Werkschau werden gezeigt, es wird fasziniert zugeschaut, nachbesprochen, geschlemmt und am Ende natürlich gefeiert!
Den Auftakt gibt der Jugendclub vom Jungen Theater am WLT Castrop-Rauxel.
Die Truppe zeigt uns seine zweite und auch schon letzte Vorstellung von “DNA” des Dramatikers Dennis Kelly. In dem Stück geht es um eine Gruppe Jugendlicher, die es mit den „Dazugehören-Mutproben“ bis zum Äußersten treibt und verzweifelt versucht mit den tödlichen Konsequenzen umzugehen. Um ihre Schuld zu verstecken, spinnen sie ein Netz falscher Fährten. Verantwortungslosigkeit wird zur Waffe, die Freundschaft in Misstrauen verwandelt. Ein intensiver Plot, den die Spielenden überzeugend in Szene gesetzt haben und dafür in gebührend Applaus baden dürfen. Im Anschluss gibt es ein interessantes Nachgespräch mit viel Respekt für die Auswahl dieses heftigen Stückes und den Mut, es auf die Bühne zu bringen.


Während bisher alle Stücke auf der großen Bühne des Theaters gezeigt wurden, darf das Publikum am Nachmittag ins Foyer 3, die kleinere Bühne unterm Dach, hinaufsteigen. Dort zeigt das Unruhrgebiet die Werkschau ihrer Stückentwicklung “unertragbar” – und das gleich zwei Mal. Das UnruhR-Publikum passt einfach nicht auf einmal in den Zuschauerraum. “unertragbar” handelt von Kleidung, Bügelbrettbäuchen, Autoritäten und der Frage: “Wie viel ist dein Outfit wert?” Dabei sucht Adam nach Eva und findet nur eine Schaufensterpuppe, die Spielenden tummeln sich auf Kleiderhaufen und dann ist da irgendwie noch diese Stimme, die einem sagt, was mensch zu tragen hat und was nicht. Das Unruhrgebiet begibt sich auf die Suche nach sozialen Funktionsweisen von Kleidung, ihrer Bedeutung für unsere Identität und utopischen Orten.

Den Abschluss der diesjährigen Darbietungen bildet das Stück „nicht allein | nem egyedül | not alone | yalnız değil | no solo“ des Jugendclubs “Die Positronen” vom Schauspiel Essen. Die Positronen beschäftigen sich mit der Frage, ob unser Leben vorgezeichnet ist oder inwiefern wir es selbst gestalten können. Dabei gehen sie von alten Mythen aus, die in der Geschichte der Menschheit einflussreich waren. Das Stück bewegt die Hauptfrage, ob wir einem vorgeschriebenen Skript folgen und was Rebellion in diesem Rahmen bedeuten kann. Es geht um Mut, Freundschaft, die Kraft der Musik, aber auch die Angst davor, man selbst zu sein.

Können wir unser eigenes Schicksal bestimmen? Die Positronen beschäftigen sich mit der Frage, ob unser Leben vorgezeichnet ist oder inwiefern wir es selbst gestalten können. Dabei gehen sie von alten Mythen aus, die in der Geschichte der Menschheit einflussreich waren. Sind sie es auch noch in der Gegenwart? Die antiken Moiren sind ohnehin keine allmächtigen Göttinnen, sondern Schhicksalsschwestern. Sie verwalten als zentrale Figuren ein System, das sie selbst nicht erschaffen haben und müssen sich an dessen Regeln halten. Als das fünfte Element die Erde besucht und die Menschen neu kennenlernt, sieht es, dass sich diese in einem scheinbar festen Skript verlieren. Durch die Begegnung werden manche von ihnen aufgefordert, die Dinge zu hinterfragen. Sie werden sich der Fesseln ihres vorgeschriebenen Lebens bewusst und fangen schließlich an, dagegen zu rebellieren. Dabei merken sie, dass sie nicht allein sind. Was sie verbindet? Mut, Freundschaft, die Kraft der Musik, aber auch die Angst davor, man selbst zu sein.

Und am Ende darf natürlich ein gemeinsamer Abschluss nicht fehlen. Im Opernfoyer werden die letzten Nachgespräche geführt und ein Grußwort zum Ausklang des Festivals gesprochen, es wird ein letztes Mal das wunderbare Catering der Bochumer Wohnküche im Hof und im Garten genossen, wir sitzen zusammen und quatschen und feiern und dann gibt es Tanz und Karaoke in der Kantine!

Tag 3: Freitag

Nach erfolgreicher Anreise der Jugendclubs aus allen Ecken des Ruhrgebiets hält der Freitag als erstes eine Darbietung aus Oberhausen für die Festivalbesucher*innen bereit: Die Stadtbühne 2 zeigt uns ihr selbst entwickeltes Stück “Filming Nimmerland”, in dem es um eine desolate Quiz-Show und das Thema Erwachsenwerden geht. . Im Nachgespräch wird klar, wie witzig, turbulent und clever das Publikum die Geschichte und ihre Darstellung fand und wir erfahren, dass alle drei Oberhausener Stadtbühnen sich diesmal im November mit derselben Überschrift auf den Weg gemacht hatten: “Peter Pan”. Kein Wunder also, dass wir es bei der Hauptfigur mit “Katinka Belle” zu tun hatten!


Am Nachmittag geht es nach einer Pause mit leckeren Bowls und etwas Ausruhen im Sonnenschein in die zweite Runde der Workshops. Alle Teilnehmenden haben heute die Chance, den Nachmittag mit einem zweiten Thema rund um’s Arbeiten auf der und für die Bühne zu verbringen.


Ganz oben unterm Dach treffen sich unter der Leitung von Bühnen- und Kostümbildnerin Christina Hillinger alle, die sich für Figuren und ihre Kostüme interessieren. Unter dem Motto “GeStalten_was ein Kostümbild alles kann” werden Figurencharaktere entworfen und mit den Möglichkeiten von Bekleidung und anderer Textilien lebendig gemacht.
Passend zum Thema “Speak Up, Make Noise & Get Moving” trifft sich Danny Friedrichs Workshop im Orchesterprobesaal, um das Sprechen und Bewegen als Gruppe zu erforschen – im Chor, durcheinander, versetzt, jedenfalls immer mit Spaß und Raum für die eigene Stimme!
Im Opernfoyer findet nach einer spannenden Einführung ins Arbeiten mit Figuren und Texten eine kleine Szenen-Werkstatt statt. Unter der Leitung von Regisseur Luis Luin Koch widmen sich kleine Gruppen dem Thema “Regie – die Kunst der Kommunikation” und erforschen die Fragen, wie ein Bühnentext zu einer spannenden Szene werden und wie dabei die Kommunikation zwischen Regie und Spielenden gut genutzt werden kann.
Und schließlich wird die Bühne des Foyer 3 beim Workshop “Raum – Objekt – Szene” so richtig aufgemischt: Gabriel Schunck öffnet den Raum, um mit Gegenständen, Materialien, Körpern, Musik und Worten zu experimentieren. Ausgehend von dem, was schon im Raum ist, werden Szenarien und ganze Welten durch die Kraft der Behauptung entworfen und die Teilnehmenden verwandeln die kleine Bühne unterm Dach in ein wahres Wunderland an Bildern und Szenen. 


Am Abend gibt’s dann die zweite Vorstellung des Tages: “Betonklotz 2000” vom Jugendclub am KJT Dortmund. Die Titelfigur in diesem Stück von Jona Rausch ist kein Mensch, sondern ein Hochhauskomplex. Der Theaterabend erzählt seine Geschichte und die der Menschen, die hier leben und aufwachsen – der “Klotzkinder”. Berührend wird hier das Leben im Betonklotz in Freundschaft und Solidarität dargestellt. Die Geschichte zeigt Figuren, die mit dem Traum von einer hoffnungsvollen Zukunft der sozialen Ungleichheit die Stirn bieten und das Publikum zeigt sich im Nachgespräch sehr berührt von diesem poetischen und kraftvollen Entwurf, den der Jugendclub des KJT bei allen bitteren Anteilen auf die Bühne gebracht hat.

Tag 2: Donnerstag

Der Donnerstag beginnt mit der Vorstellung des Mülheimer Jugendclubs Labor 1: “Was wir dachten, was wir taten” zeigt eine Geschichte rund um das Thema Mobbing und die entstehenden Gewaltspiralen im Schulkontext. Im Zimmer der 10c schreibt die Klasse gerade die letzte Matheklausur des Schuljahres, als plötzlich der Schulalarm ertönt und kurz darauf eine bewaffnete Person das Klassenzimmer stürmt. Was zuerst aussieht wie ein Amoklauf, entpuppt sich als eine punktgenaue und brutale Abrechnung mit der Klasse und ihrem Lehrer. Die Bedrohung ist eine Person aus den eigenen Reihen, die die dunkelsten Geheimnisse und Verletzungen aller Anwesenden kennt. Im Nachgespräch erzählt die Gruppe, wie sie von der Romanvorlage zum Stück gelangt ist, welchen Probenrhythmus es gab und was besonders herausfordernd bei der Umsetzung der erschütternden Szenen war. 

Nach dem leckeren Mittagessen von Pippos Wohnküche treffen sich alle wieder im Hof und brechen mit ihren jeweiligen Workshop-Leitenden auf, um sich für drei Stunden einem ihrer Wunsch-Themen zu widmen, von Profis zu lernen und sich auszuprobieren.
Die angebotenen Workshops decken die unterschiedlichsten Bühnenberufe ab und reichen von Regie und Schauspielerei über Bühnen- und Kostümbild bis hin zu Songschreiben und Tanz im öffentlichen Raum. Dabei sind die Orte so vielfältig wie die Themen und im ganzen Theater verteilen sich singende, tanzende, tönende und sprechende Grüppchen. Und auf dem Platz vorm Theater gibt es sogar eine Performance im Rahmen des Workshops von Camila Scholtbach-Sanchéz “Auf der Suche!”, in dem die Teilnehmenden tänzerisch die Frage erforschen, wie sich der Körper im öffentlichen Raum bewegt. Mit Arman Marvani (“dein Couseng”) werden die Grundlagen des Rappens und Texteschreibens vermittelt und die Teilnehmenden verfassen einen eigenen Song, den sie dann sogar aufnehmen können.
Mit den Schauspieltechniken nach Tschechow beschäftigen sich die Spielwütigen im Workshop des Schauspielers Christian Zell, der eine kurze theoretischer Einführung in die Tschechow’schen Ideen  gibt und dann den Raum für körperliche Bewegung und die Verbindung mit der eigenen Fantasie und Ausdruckskraft öffnet. 

Nach einer wohlverdienten Pause mit kulinarischer Stärkung und Sonnengenuss im Garten freuen sich alle auf die zweite Vorstellung des Tages: Der Jugendclub 16Plus des Schauspiels Dortmund zeigt “Under Pressure – Zukunft war gestern”. Das selbst entwickelte Stück fokussiert sich auf den Druck, mit dem wir angesichts des Weltgeschehens, der sich häufenden Naturkatastrophen und weiter wachsenden Machtungleichheiten aufbaut. Vor diesem Hintergrund hat das Ensemble die Fragen erforscht “Wer will ich wirklich sein? Was passiert mit uns? Mit unserem Klima, unserer Politik? Und warum tut niemand irgendwas?” Beim Publikumsgespräch wird klar, wie sehr das Thema einen Nerv trifft und die Zuschauenden teilen ihre Eindrücke und Gedanken zum Thema ebenso wie ihre große Wertschätzung für die gelungene Umsetzung auf der Bühne. 

Tag 1: Mittwoch

Es beginnt!
Schon den ganzen Tag werden im Duisburger Theater Orte vorbereitet, die in den kommenden Festivaltagen Stücke, Workshops, Mahlzeiten und Gespräche beherbergen werden. Nachmittags ist alles bereit und die ersten Spielwütigen trudeln ein. Aufregung liegt in der Luft, suchende Blicke, Wiedersehensfreude, Lachen, verwirrtes Herumlaufen, verhaltene und stürmische Begrüßungen und bei einigen auch schon das erste Lampenfieber.
In der Kassenhalle geht’s erst mal zum Check-In und alle bekommen ein kleines Willkommensgeschenk: UnruhR-Beutel und -Trinkflasche. Und die Info, welche der eigenen Workshop-Wünsche in Erfüllung gegangen sind.
Nach dem Ankommen, Hallosagen, Merch Abholen und Workshops Auschecken dürfen sich alle auf der großen Bühne einfinden. Sie wird der Hauptspielort für die Stücke der kommenden Tage sein wird. Für’s erste gibt es hier jedoch die freudigen Willkommensworte des Duisburger Teams: Theaterpädagogin Katharina Böhrke, Theaterreferentin Britta Fehlberg und Schauspiel-Intendant Michael Steindl heißen alle Teilnehmenden herzlich willkommen. Ebenfalls vor Ort ist die Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn, die eine wertschätzende und ermutigende Rede ans junge Theatervolk richtet. Doch wer sind nun diese 130 Menschen, die da im Publikum sitzen? Neben der Vorstellung des Orga- und Media-Teams sowie der Awareness-Crew zeigen sich alle Spielclubs inklusive ihrer Spielleitungen einmal bei der großen Vorstellungsrunde.

Nach der feierlichen Eröffnung gibt es das erste Stück zu sehen: Das Ensemble des Duisburger Jugendclubs Spieltrieb zeigt „Verzehrt“, eine Eigenproduktion unter der Leitung von Leonie Rohlfing. Das Stück setzt sich auf sensible, schmerzhafte und manchmal auch grotesk witzige Weise mit dem komplexen Thema Essstörungen auseinander und hinterlässt ein berührtes Publikum.

Nach Ende des Stückes geht es kurz an die frische Luft: Die Bochumer „Wohnküche“ erwartet das Festivalpublikum mit leckeren veganen Snacks, die bei Sonnenschein im Garten hinterm Theater genossen werden.
Als letzter Punkt steht das Nachgespräch zu „Verzehrt“ auf dem Programm, in dem das Ensemble erzählt, wie es zuammengefunden hat, wie geprobt wurde und was die Herausforderungen der Arbeit am Stück waren. Und dann gibt es noch eine Menge Rückmeldungen, interessierte Nachfragen und ganz unterschiedliche Beobachtungen, die das Publikum mit den Spielenden und miteinander teilt. 

Und so ist mit dem ersten gemeinsamen Abend ein wunderschöner Einstieg ins Festival gelungen und alle machen sich beseelt und in freudiger Erwartung des nächsten Tages auf den Heimweg.

Tag 4: Samstag

Der Samstag beginnt im sonnigen Innenhof des Theater Oberhausen. Wir warten darauf, dass die Stadtbühne 2 mit den Vorbereitungen für ihre Werkschau von „Und wenn sie nicht gestorben ist, dann feiert sie noch heute“ fertig ist. Und auf der Bühne beginnt dann die WG-Party, in der alle Klassiker von Partys passieren: Flirts, mal mehr, mal weniger deepe Gespräche, Trinkspiele, Beziehungskonflikte aller Art. Einige Szenen müssen noch gesprungen werden, doch es ist schon sehr viel spannendes und lustiges da. Bis zur Premiere haben die Spieler*innen noch ein bisschen Zeit — am 18. und 19. Juni um 19.30 sind dann ihre Vorstellungen. Im Nachgespräch werden wir immer wieder dahin eingeladen — wie sollen wir denn sonst herausfinden, wie die Party zu Ende gehen wird?

Anschließend geht es entspannt zu den Probebühnen des Theater an der Ruhr: Dort gibt es Mittagessen und gleich danach eine weitere Werkschau: Das Labor I spielt „Süßes statt Saures“ und es wird erstmal richtig gruselig. Geister, Vampire, seltsame Zwillinge und mörderische Witwen freuen sich auf Halloween. Und v.a. darauf mal wieder Leute zu erschrecken – das erste Opfer ist das UnruhR-Publikum, das vor Schreck kreischt, aber auch kichert. Aber wollen denn wirklich alle gruselig sein? Oder ist eine herzliche Umarmung nicht manchmal die bessere Wahl? Die Antwort darauf gibt es dann erst bei der Premiere im November 2024.

Dann wird fix umgebaut: Der zweite Teil des UnruhRgebiets zeigt „Auf dem Weg in dein Herz“. Mithilfe von Schattenspiel und klassischem Schauspiel wird eine rührende Geschichte erzählt, die das Publikum sehr mitnimmt. Man hofft so sehr darauf, dass das süße Paar nach gemeinsamen Busfahrten und ausgestandenen Problemen zueinander findet — sagen wir so: Es war ein sehr tränenreiches Ende, wofür im Nachgespräch lange die richtigen Worte gesucht werden.

Im Hof der Probebühnen des Theater an der Ruhr bildet sich dann eine lange Schlange für das Abendessen. Gut gesättigt geht es dann nochmal auf die Bühne: Die Gewinnerin des Quiz wird mit einer letzten Schätz-Frage ermittelt und mit einem Rätselraum-Spiel beschenkt. Dann bedanken sich die Theaterpädagog*innen nochmal bei der Produktionsleitung Tamó Gvenetadze für ihre fantastische Arbeit! DJ Klitkat legt auf, um die Tanzfläche zu eröffnen. Dort wird dann noch lange getanzt und gelacht – bis wieder alle nach hause finden und das UnruhR Festival 2024 endgültig vorbei ist! Vielen Dank an alle, die dabei waren und an alle, die dieses schöne Festival ermöglicht ­haben!

Tag 3: Freitag

Der Freitag beginnt später als geplant: Der Vortrag „Über Bühnen- und Tellerrand hinaus – Positioniertheit, (Selbst)Reflexion und politische Prozesse des Theatermachens“ muss krankheitsbedingt leider entfallen. Daher beginnen wir später am Tag (und dafür sehr ausgeschlafen) im Innenhof des Theater Duisburg mit dem Mittagessen. Gut gestärkt geht es dann in den Zuschauerraum.

Der Spieltrieb Duisburg hat die Performance „­WURZELN“ entwickelt. In ihrer Stückentwicklung haben sich die Spielerinnen mit den unterschiedlichsten Formen des Wurzeln habens und Wurzelns ziehens beschäftigt: Wie geht es eigentlich dem Moos damit, wie es wächst? Es wird musikalisch, verspielt, wild und wunderschön. Während uns Wurzeln einerseits an so mancher Stelle festhalten, von der wir loskommen wollen, geben sie uns andererseits auch Stabilität und Halt. Wir brauchen sie, um zu wachsen, wachsen, wachsen – wie uns auch der Spieltrieb als Chor zum Schluss nochmal erinnert. Im Nachgespräch erfahren wir, wie lange die Spielerinnen an den Texten und Musiken herumgewerkelt haben.

Erneut geht es dann in die geheime Außenspielstätte des UnruhR Festivals: Die deutsche Bahn. Mit unterschiedlichen Mengen an Verspätungen kommen wir in Essen an, wo wir in der Kantine mit dem Abendessen in Empfang genommen werden.

Die Positronen zeigen uns ihre Performance ­„Outsanity“. Bei den vielen, vielen Spieler*innen der Positronen hat eine künstliche Intelligenz die Steuerung übernommen und erstellt virtuell alles, was für ein Theatercamp vonnöten ist. Dadurch kriegen wir in einer Performance gleich mehrere Theaterklassiker erzählt: Woyzeck, Faust, die Bremer Stadtmusikanten und Romeo und Julia wird von den Positronen modern und abwechslungsreich erzählt: Obwohl es zunächst chaotisch wirkt, erkennt man nach und nach eine Ordnung und eigene Ästhetik.

Das Nachgespräch ist erneut von vielerlei Interessen und neugierigen Fragen geprägt. Wer dann noch will, kann wieder in die Kantine des Schauspiel Essen zurückkehren — alle anderen machen sich auf den Heimweg.

Tag 2: Donnerstag

Der Donnerstag beginnt im KJT Dortmund mit den Workshops. Die kleinen und größeren Gruppen verteilen sich in den Räumen und auf dem Innenhof des Theaters: Die Tische und Materialien liegen schon ­bereit!

Bei Rika Sakalak im Dramaturgie-Workshop „How to not just stay calm“ geht es um Widerstand. Was versteht man darunter überhaupt und was hat das mit Theater zu tun? Wie kann Widerstand gegen Regieanweisungen ausgedrückt werden? Gibt es widerständige Texte? Und Widerstand gegen die Hierarchien im Theater sei natürlich auch nicht vergessen. Beim „Raumwerkstatt“-Workshop mit Anna Wörl geht es um Bühnenbilder und die Gruppe baut ein Über-Bühnenbildmodell. Was muss da sein, damit alle UnruhR-Stücke darauf gezeigt werden könnten? Und Glitzer darf dabei auf gar keinen Fall fehlen! Beim Streetdance-Workshop mit Dana Zaidan wird die klassische Bühnensituation aufgebrochen und alle Tänzerinnen stehen im Quadrat: In der Mitte wird dann geflattert wie ein Schmetterling oder man klebt plötzlich am Boden fest. Hendrik Michalski hat beim „Modern Akrobatik Fusion“ eine schweißtreibende Choreographie mitgebracht, die die Teilnehmenden innerhalb kurzer Zeit lernen. Im Workshop „Regie – die Kunst der Kommunikation“ mit Damira Schumacher spielen die Teilnehmerinnen sich gegenseitig Emotionen und kurze Szenen vor, um dann zu üben, wie man jemand anderen vermittelt, wie etwas gespielt werden soll. Im Keller des KJT wird dann aufgelegt. Dana, alias Klitkat, lässt die Teilnehmerinnen erstmal Songs raussuchen, die ihnen gefallen: Und von neuer deutscher Welle bis Metal ist alles dabei! Am Pult wird dann aufgelegt und gemixt. Die Schauspielerin Johanna Wieking schickt die Teilnehmerinnen zunächst in die Einzelarbeit: Sie entwickeln mit kurzen Notizen die Hintergründe und Eigenschaften ihrer Figuren, die sie sich in Soli vorspielen und Feedback geben.
Dann wandern wird für das Showing von Raum zu Raum: Zum Mix des DJ-Workshops wird getanzt, die Choreographien der Akrobatik und der Streetdance-Gruppen werden begeistert beklatscht. Auch aus den anderen Workshops wird berichtet und alle neugierigen Fragen werden beantwortet.

In der „Ausbreitungszone“ des Jugendclubs vom KJT Dortmund begeben wir uns in die Natur und in mögliche Zukunftsperspektiven: Was wäre, wenn wir der städtischen, digitalen, alltäglichen Welt den Rücken kehren? Ist unsere Zukunft im Wald sicherer? Sinnvoller? In poetischen Texten, Choreographien und Szenen nehmen uns die Spielerinnen mit in eine andere und doch ganz diesseitige Welt. Im Nachgespräch erzählen uns die Spielerinnen von ihrem Weg hin zur Performance.

Dann ziehen wir um ins Schauspiel Dortmund: Dort erwartet uns schon die Wohnküche mit unserem Abendessen. Die Spielerinnen des Jugendclub 16plus legen sich dort schon mal für ein Nickerchen hin, um das Publikum dann mit ins Theater zu nehmen. Ihr Stück „INSOMNIA – Wenn meine Gedanken Pyjamaparty machen“ beruhigt uns dann, damit wir danach entspannt schlafen gehen können. Ein Gesangsduett wird sogar mit Szenenapplaus bedacht. Die Spielerinnen haben sich mit den Sachen beschäftigt, die uns vom Schlaf abhalten, uns dabei helfen sollen und was passiert, wenn wir es dann endlich geschafft haben einzuschlafen: Geht vielleicht der Streit mit der Schwester im Traum einfach noch dramatischer weiter?
Zum Nachgespräch geht es in den Theaterkeller, in dem der Jugendclub nach seiner Arbeitsweise befragt wird und danach, wie welche der Texte entstanden sind. Und so geht Tag 2 zu Ende — Halbzeit!

Tag 1: Mittwoch

Hurra! UnruhR 2024 beginnt mit einem ganz entspannten WalkIn. Dabei können die Teilnehmer*innen sich Namensbuttons herstellen lassen und stehen eine Weile in der Schlange, um sich ihre UnruhR-Hoodies abzuholen. Die kuscheligen Hoodies werden direkt angezogen oder um die Hüften geknotet.

Auf der Bühne werden dann kurz-knackige Eröffnungsreden gehalten. Sabrina Klose, eine Dramaturgin des Westfälischen Landestheaters freut sich, dass ihr Theater in diesem Gastgeber ist und dass so viele theaterbegeisterte junge Menschen in Castrop-Rauxel zu Besuch sind.

Die Produktionsleitung Tamó Gvenetadze lässt das Publikum aufjubeln: Wo sind die Positronen? – Woohooo! Wo sind die Dortmunder*innen? – Woohoo! Wo sind die Mülheimer*innen? Woohoo! Am wichtigsten ist es der Produktionsleitung zu sagen, dass wir alle in den kommenden Tagen einen achtsamen und wertschätzenden Umgang miteinander pflegen: Es ist mutig sich mit seiner künstlerischen Arbeit auf der Bühne zu zeigen und daher ist es umso wichtiger diesen Mut anzuerkennen. Die Theaterpädagogin Katharina Böhrke erklärt dann das diesjährige Awareness-Konzept und stellt das heutige A(wareness)-Team vor: Sarah Jasinszczak und Franz Hoffmann, beide sind Theaterpädagoginnen aus Dortmund.

Und dann geht endlich das erste Stück los: Das UnruhRgebiet zeigt „Wie ist: Abhängigkeit?“ Und dabei ist alles selbstgemacht – außer die Möbel. Selbstgeschriebene, teils autobiographische Texte werden aus den unterschiedlichsten Notizbüchern rezitiert. Vor allem für Abhängigkeitsverhältnisse in zwischenmenschlichen Beziehungen haben sich die UnruhRgebietler*innen interessiert. Warum schwanken Whatsappnachrichten so schnell zwischen toxisch und maßlos liebevoll hin und her? Wie sehr macht man sich von der Liebe (und seien es auch nur 4mg!) abhängig? Aber auch lustig geht es auf der Bühne zu: Bei einer Versteigerung kann das Publikum eine neue Sucht erwerben – aber nur im Austausch gegen den Entzug eines geliebten Suchtmittels: Wer ist bereit die Zigaretten aufzugeben, um Schokolade genießen zu dürfen?

Beim Nachgespräch wird das Kunstkollektiv dann befragt und darf vom Werdegang der szenischen Lesung erzählen: Es war ja eigentlich etwas anderes geplant, aber vor gerade einmal vier Wochen wurde sich dann für eine szenische Lesung zum Thema Abhängigkeit entschieden.

Anschließend geht es kurz an die frische Luft: Die Wohnküche erwartet das Festivalpublikum mit einem köstlichen Chili sin carne.

Zurück im Theater zeigt der Jugendclub des Westfälischen Landestheaters die Werkschau ihres Stücks „Styx“. Inspiriert vom Stück „Tybalt“ haben die Spieler*innen ihre Figuren an den mythischen Fluss Styx geschickt, um von ihrem Leben Abschied zu nehmen. Allesamt sind die eine Hälfte berühmter Paare: Romeo, Medea, Dornröschen, Marie und viele weitere beschäftigen sich mit ihrem Ableben. Was bereuen sie an ihren Leben? Kann man aus Liebe töten? Kann man Männer überhaupt vermissen? Erst am 21. Juni feiert der Jugendclub mit diesem Stück Premiere und kann schon jetzt einen kompletten Durchlauf spielen. Wir wünschen Ihnen alles Gute für ihre Premiere!

In Kleingruppen wird dann wieder über das Stück gesprochen: Wurden alle Figuren wiedererkannt? Was hatte es mit der Abschlussszene auf sich? In Plenum wird das dann geklärt – und auch, welche andere Rolle aus dem Stück die Spieler*innen gerne mal ausprobieren würden.

Und so ist der erste Festivaltag auch schon vorbei und alle machen sich auf den Heimweg.