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Tag 4: Samstag

Der Samstag beginnt im sonnigen Innenhof des Theater Oberhausen. Wir warten darauf, dass die Stadtbühne 2 mit den Vorbereitungen für ihre Werkschau von „Und wenn sie nicht gestorben ist, dann feiert sie noch heute“ fertig ist. Und auf der Bühne beginnt dann die WG-Party, in der alle Klassiker von Partys passieren: Flirts, mal mehr, mal weniger deepe Gespräche, Trinkspiele, Beziehungskonflikte aller Art. Einige Szenen müssen noch gesprungen werden, doch es ist schon sehr viel spannendes und lustiges da. Bis zur Premiere haben die Spieler*innen noch ein bisschen Zeit — am 18. und 19. Juni um 19.30 sind dann ihre Vorstellungen. Im Nachgespräch werden wir immer wieder dahin eingeladen — wie sollen wir denn sonst herausfinden, wie die Party zu Ende gehen wird?

Anschließend geht es entspannt zu den Probebühnen des Theater an der Ruhr: Dort gibt es Mittagessen und gleich danach eine weitere Werkschau: Das Labor I spielt „Süßes statt Saures“ und es wird erstmal richtig gruselig. Geister, Vampire, seltsame Zwillinge und mörderische Witwen freuen sich auf Halloween. Und v.a. darauf mal wieder Leute zu erschrecken – das erste Opfer ist das UnruhR-Publikum, das vor Schreck kreischt, aber auch kichert. Aber wollen denn wirklich alle gruselig sein? Oder ist eine herzliche Umarmung nicht manchmal die bessere Wahl? Die Antwort darauf gibt es dann erst bei der Premiere im November 2024.

Dann wird fix umgebaut: Der zweite Teil des UnruhRgebiets zeigt „Auf dem Weg in dein Herz“. Mithilfe von Schattenspiel und klassischem Schauspiel wird eine rührende Geschichte erzählt, die das Publikum sehr mitnimmt. Man hofft so sehr darauf, dass das süße Paar nach gemeinsamen Busfahrten und ausgestandenen Problemen zueinander findet — sagen wir so: Es war ein sehr tränenreiches Ende, wofür im Nachgespräch lange die richtigen Worte gesucht werden.

Im Hof der Probebühnen des Theater an der Ruhr bildet sich dann eine lange Schlange für das Abendessen. Gut gesättigt geht es dann nochmal auf die Bühne: Die Gewinnerin des Quiz wird mit einer letzten Schätz-Frage ermittelt und mit einem Rätselraum-Spiel beschenkt. Dann bedanken sich die Theaterpädagog*innen nochmal bei der Produktionsleitung Tamó Gvenetadze für ihre fantastische Arbeit! DJ Klitkat legt auf, um die Tanzfläche zu eröffnen. Dort wird dann noch lange getanzt und gelacht – bis wieder alle nach hause finden und das UnruhR Festival 2024 endgültig vorbei ist! Vielen Dank an alle, die dabei waren und an alle, die dieses schöne Festival ermöglicht ­haben!

Tag 3: Freitag

Der Freitag beginnt später als geplant: Der Vortrag „Über Bühnen- und Tellerrand hinaus – Positioniertheit, (Selbst)Reflexion und politische Prozesse des Theatermachens“ muss krankheitsbedingt leider entfallen. Daher beginnen wir später am Tag (und dafür sehr ausgeschlafen) im Innenhof des Theater Duisburg mit dem Mittagessen. Gut gestärkt geht es dann in den Zuschauerraum.

Der Spieltrieb Duisburg hat die Performance „­WURZELN“ entwickelt. In ihrer Stückentwicklung haben sich die Spielerinnen mit den unterschiedlichsten Formen des Wurzeln habens und Wurzelns ziehens beschäftigt: Wie geht es eigentlich dem Moos damit, wie es wächst? Es wird musikalisch, verspielt, wild und wunderschön. Während uns Wurzeln einerseits an so mancher Stelle festhalten, von der wir loskommen wollen, geben sie uns andererseits auch Stabilität und Halt. Wir brauchen sie, um zu wachsen, wachsen, wachsen – wie uns auch der Spieltrieb als Chor zum Schluss nochmal erinnert. Im Nachgespräch erfahren wir, wie lange die Spielerinnen an den Texten und Musiken herumgewerkelt haben.

Erneut geht es dann in die geheime Außenspielstätte des UnruhR Festivals: Die deutsche Bahn. Mit unterschiedlichen Mengen an Verspätungen kommen wir in Essen an, wo wir in der Kantine mit dem Abendessen in Empfang genommen werden.

Die Positronen zeigen uns ihre Performance ­„Outsanity“. Bei den vielen, vielen Spieler*innen der Positronen hat eine künstliche Intelligenz die Steuerung übernommen und erstellt virtuell alles, was für ein Theatercamp vonnöten ist. Dadurch kriegen wir in einer Performance gleich mehrere Theaterklassiker erzählt: Woyzeck, Faust, die Bremer Stadtmusikanten und Romeo und Julia wird von den Positronen modern und abwechslungsreich erzählt: Obwohl es zunächst chaotisch wirkt, erkennt man nach und nach eine Ordnung und eigene Ästhetik.

Das Nachgespräch ist erneut von vielerlei Interessen und neugierigen Fragen geprägt. Wer dann noch will, kann wieder in die Kantine des Schauspiel Essen zurückkehren — alle anderen machen sich auf den Heimweg.

Tag 3: Freitag

Den Freitag beginnen wir im Theater Oberhausen. Der ansässige Jugendclub lädt uns in ihre Werkschau von “ICH GLAUBE ES REICHT” ein, die in der kommenden Woche Premiere feiern wird. Auf einem feindlichen Planeten sollen drei Gruppen von Auserwählten den jahrhundertelangen Krieg nun endlich lösen: Die konfliktfreudigen Kämpfer*innen wollen alle als Sieger*innen aus der Schlacht hervorgehen. Und obwohl sie sich mit Schwertern und Zauberkräften gegenseitig töten wollen, scheint “sterben” für manche doch ein Fremdwort zu sein. Lustig und kurzweilig und zum Schluss dann mit einem eindringlichen Aufruf nach Frieden unterhält uns der Jugendclub mit dieser Werkschau: Ein herzliches toi toi toi für die Premiere!

Beim Nachgespräch kommt die Frage auf, wie die Geschichte entstanden ist: Nach der knappen Antwort “Irgendwie” wird es dann doch noch ausführlicher. Das Album Chordata Bytes I von Imogen Heap fungierte als Leitfaden: Zu Songs wurden Geschichten geschrieben und szenische Ideen ausprobiert. Zum Abschluss wird einem der Spieler ein Ständchen gesungen, da er heute Geburtstag hat. 

Nun steht uns eine längere Zugfahrt bevor: Von Oberhausen rüber zum KJT in Dortmund. Dort werden wir glücklicherweise wieder vom Mittagssnack begrüßt: Es gibt Nudelsalat!

Der Jugendclub des KJT spielt anschließend “bodybild [and now i’m gonna roll myself in glitter and roll down that hill wie eine nuss im herbst]”. Die Spieler*innen beschäftigen sich mit den vielen Urteilen, Vorschriften und Idealen, die auf Körper angewendet werden: Sei schön, sei aber nicht eitel, sei groß, aber nicht zu groß, sei schlank, aber nicht dürr. Die Spieler*innen tanzen und reden sich durch diese Konflikte hindurch. Nach anfänglich viel Humor in Bezug auf absurde Körpervorstellungen wird es nach und nach immer verletzlicher und komplexer: Unendlich viele Vorstellungen prasseln von außen auf uns ein und werden irgendwann zu unseren eigenen Gedanken. Kann ich mich davon befreien und wenn ja, wie? Gelassen werden dabei Waffeln gebacken und gegessen.

Beim Nachgespräch herrscht eine ermutigende Stimmung: Die eigenen Erlebnisse werden ausgetauscht und die Spieler*innen erzählen, dass ihr Blick auf ihre eigenen Körper im Laufe der Probenzeit entspannter geworden ist: Der Bauch darf so viel Platz einnehmen wie er möchte. Lasst uns alle wohlwollend und freundlich mit unseren Körpern umgehen!

Im kühlen Theatercafé des KJT hat das UnruhRgebiet dann eine Schreibmeditation vorbereitet: Bei ruhiger Musik kann sich jede*r mit der eigenen Identität auseinandersetzen. Welche negativen, aber auch positiven Sachen, erzähle ich mir über mich selbst? Wer möchte, kann seine*ihre Texte auf zwei Bilder schreiben, die bei der Ausstellung am Samstag verwendet werden. Aber auch Zettel für ganz persönliche Notizen liegen bereit. Es kann hilfreich sein, das eigene Selbstbild aufzuschreiben – um es sich entweder bewusst zu machen und bei manchen Dingen auch, um sie loszulassen.

Das letzte Stück des Tages ist “Next Step! From Dystopia to Utopia” vom Jugendclub des Schauspiel Dortmund. Das Stück beginnt mit einer Anklage: Die Schule bringt einem viel bei – nur das Wesentliche scheint aus dem Lehrplan gestrichen: Wie entwickle ich ein gutes Selbstwertgefühl? Wie lerne ich, meinen Körper zu akzeptieren? Wie führe ich ein glückliches Leben? Um sich so ein glückliches Leben besser vorstellen zu können, switchen wir dann in ein Hotel und jede*r kann in eine neue Rolle schlüpfen. Wäre mein Leben als Hotelpage meine Utopie oder Dystopie? 

Im Nachgesprächs-Plenum geht es dann um die verschiedenen Vorstellungen von Utopien und Dystopien: Am Meer zu Wohnen ist für Nichtschwimmer*innen wahrscheinlich kein Lebenstraum.

Das Sahnehäubchen auf diesem wunderbaren Tag ist das Abendessen: Gnocchi mit Pilzsauce. Der Hof des KJT lädt dazu ein, den Abend gemütlich ausklingen zu lassen: Es wird geschnackt und gespielt, bis sich nach und nach alle auf den Heimweg machen. 

Tag 4: Samstag

Und ein vorerst letztes Mal können wir einen Tag mit dem unruhrigen Podcast starten: Vom Spieltrieb Duisburg erfahren wir, dass es in ihrem Stück geheimnisvoll und vielleicht auch etwas gruselig zugehen wird. Die Theatergirls aus Castrop-Rauxel haben sich, wie andere Gruppen auch, mit dem Klimawandel beschäftigt. 

Das erste analoge Ziel des Tages ist dann auch das Theater Duisburg, wo wir das Stück “Das Gewächshaus” vom Autor Jordan Tannahill sehen. Die Jugendlichen vom Spieltrieb haben gemeinsam mit ihrer Regisseurin Damira Schumacher das Stück nach Duisburg Marxloh verlegt. In der Geschichte ist ein verfallenes Gewächshaus der Ort, an dem Jugendliche all das ausprobieren können, was die Erwachsenen ihnen verbieten. Neben Ausgelassenheit und Partys kommt es allerdings auch zu Grenzüberschreitungen und Gewalt. Durch das emotionale und ausdrucksreiche Spiel der Darsteller*innen werden die Erlebnisse sehr glaubwürdig vermittelt – auch wenn nicht nur Menschen sondern auch Gegenstände und Tiere zu Wort kommen. 

Nach Stück-Ende und Applaus wird dann vor dem imposanten Gebäude des Theater Duisburg ein Gruppenfoto gemacht – natürlich begleitet durch den UnruhR-Schlachtruf. Vom anschließenden Mittagessen gestärkt, treten wir die weiteste Reise des Festivals an: Es geht von Duisburg nach Castrop-Rauxel. 

Dort zeigen uns die Theatergirls ihr Stück “zehn:neun:acht”. Ein zweites Mal beim UnruhR Festival kommen wieder Planeten zu Wort: Anders als bei den Positronen entscheiden Pluto, Neptun und Mars hier allerdings leider, dass die Erde zerstört werden muss. Und schon beginnt der Countdown: Die Figuren sind damit konfrontiert, dass ihr Leben scheinbar in zehn Stunden enden wird. Was also tun? Beten, ignorieren oder live-streamen? In der Szenencollage kommen die vielen unterschiedlichen Figuren mit ihren Sichtweisen und Prioritäten zu Wort und es wird mal komisch und mal melancholisch. 

Anschließend wird zunächst schriftliches Feedback gesammelt: Auf Plakaten darf man notieren, was man besonders gut fand und was vielleicht noch etwas unklar geblieben ist. Diese Plakate regen dann das Nachgespräch an: Im Sitzkreis auf dem Bühnenboden tauschen wir uns über die komplexe Geschichte von “Das Gewächshaus” aus und sprechen darüber, was wir wohl tun würden, wenn wir wüssten, dass die Welt in zehn Stunden untergeht. 

Als das dann auch geschafft ist, wird aufgetischt: Es gibt Pizza, Pasta und Salat und davon reichlich. Auch zum Abschluss eines Festivals bedarf es natürlich mindestens einer Rede. Die Produktionsleitung Josephine Raschke und Katharina Wyglendatz vom Unruhrgebiet übergeben die Zeitkapsel, in der Erinnerungen an das diesjährige Festival gesammelt wurden, an Sarah Kranenpoot vom Theater an der Ruhr. Dort wird das Festival im nächsten Jahr stattfinden. Dann gibt es noch eine Preisverleihung: Einige Teilnehmer*innen konnten alle Punkte auf der Bucket-List abhaken, doch Emma vom Theater an der Ruhr hat das Glück, dass ihr Zettel bei der Verlosung gezogen wird. Sie darf einen aufblasbaren Regenbogen mit nachhause nehmen. Und schlussendlich wird die Tanzfläche eröffnet: DJ Aaron.St legt auf, und im Regenbogenlicht werden die Hüften geschwungen. 

So klingt der letzte Festival-Abend aus: Müde und glücklich wird getanzt, geredet, Unsinn gemacht und nach und nach der Heimweg angetreten. UnruhR Festival war endlich wieder analog und ein voller Erfolg. Wir wünschen allen Teilnehmer*innen alles Gute und freuen uns, euch im kommenden Jahr wiederzusehen!  

Tag 3: Freitag

Der weite Weg zur Probebühne des Theater an der Ruhr wird durch den Podcast sehr unterhaltsam gestaltet: Josefine Rose Habermehl interviewt heute das Labor I aus Mülheim und die Positronen, die von ihren Stücken und ihrem Arbeitsprozessen berichten.

Am Ort des Geschehens angekommen geht es dann sofort auf die Bühne zu “fünf nach zwölf?!” von Labor I. Die fünf Spieler*innen machen aus dem Kampf gegen die Klimakatastrophe eine kurzweilige Improshow. Erst sehen wir, wie es so oft abläuft: Endlose Pakete fluten die Wohnung, weil das Shirt dann doch nochmal eine Nummer größer bestellt werden muss. Oder das Licht wird ununterbrochen an und wieder ausgeknipst, weil man sich nicht zwischen Gemütlichkeit und Sparsamkeit entscheiden kann. Die Spieler*innen holen dann den Helden “Nobody” zu Hilfe, der spontane, improvisierte Lösungen findet – und das Publikum darf sogar mitbestimmen, wie das Problem angegangen wird! Das Labor I schafft es, dem schweren Thema Klimawandel mit Leichtigkeit und Humor zu begegnen, so dass man den Saal mit guter Laune verlässt.

Nach kurzer Verschnaufpause geht es wieder in die Workshops. Im Regie-Workshop wird gemeinsam ein Stück gelesen, um anschließend darüber zu sprechen, wie man es inszenieren könnte. Unterdessen geht es bei den Einkaufszettel-Biographien heute auf eine andere Art in die Tiefe: Die Teilnehmer*innen probieren sich heute auch körperlich mit den erschaffenen Figuren aus. Körperlich geht es natürlich auch beim Physical Dialog und dem zeitgenössischen Tanz zu: Die Choreographien für das Abschluss-Showing wollen geprobt werden! Die Bühnenbild-Modelle und die vibrierenden Roboter bekommen ihren letzten Schliff (und die Roboter auch endlich ihre Namen!), während bei den Lichtgraffiti-Künstler*innen ein magisches Bild nach dem anderen entsteht. Zur Stärkung stehen jederzeit reichlich Falafel-Wraps bereit!

Das Showing zum Abschluss der Workshops sorgt für gute Stimmung: Nachdem man einige Stunden vor sich hin gearbeitet hat, sehen wir nun die Choreographien und erschaffenen Objekte der anderen. Es ist immer wieder erstaunlich wie viel schönes und erstaunliches in so kurzer Zeit erschaffen werden kann! Die UnruhR-Gemeinschaft spendet sich gegenseitig den wohlverdienten Applaus.

Anschließend geht es wieder in Straßen- und U-bahnen, die uns zum Schauspiel Essen befördern: Dort zaubern die Positronen ihr Stück “Klingt fast wie Sterne”. In der fantasievollen Geschichte finden sich Planeten in den Körpern von menschlichen Erdbewohner*innen wieder. Wie sollen sie da nur wieder herauskommen? Bei dem Versuch wieder Planeten zu werden, lernen sie einiges über die Erde und ihre Bewohner: Ihre Sprachen, ihre Musik, aber auch ihre Probleme. Die Menschheit ist gerade dabei ihrem Heimatplaneten massiv zu schaden. Die sechs Spieler*innen finden eine poetische Lösung, die das Publikum in friedvoller Stimmung aus dem Theatersaal entlässt.

Dann geht es in das schöne Café des Schauspiels Essen. Neben dem Chili sin Carne werden dort schon ein paar Fragen serviert, die nochmal zum Nachdenken über die Stücke anregen. Zum Gespräch geht es für die beiden Ensemble dann aufs Podium, wo stilecht ein Mikrofon herumgereicht wird. War das wirklich improvisiert? Wie seid ihr denn auf die Idee mit den Planeten gekommen? Welcher Song war das? Das Publikum darf die Künstler*innen mit Fragen löchern – und umgekehrt. 

Auf Discord empfängt Sarah Kranenpoot zum Abschluss des Tages noch Vorleser*innen in ihrer Stücke Ecke. In Lena Goreliks “Als die Welt rückwärts gehen lernte” geht es um Normen und was sie mit uns machen.

Tag 2: Donnerstag

Auch Tag zwei beginnt mit einer spannenden Podcast-Folge: Zu Gast sind die Jugendclubs #Zwischenwelten, die Spieler*innen von “Mädchen wie die” und die ECOisten. Das Gespräch wird tiefsinnig und macht große Lust auf die Theatervorstellungen, die vor uns liegen!

Das erste Stück des Tages ist “Die Welt wird eine andere gewesen sein”. Die Spieler*innen des Clubs #Zwischenwelten wagen einen Blick in die Zukunft und schauen zugleich auf die letzten beiden Jahre zurück. Mit Mut, Verletzlichkeit, Fantasie und Spielfreude zeigen die Spieler*innen dem Publikum ihre emotionale Szenencollage, die einiges zu bieten hat: Sehr persönliche Monologe und Songs, Improvisationen und Geschichten. In kurzer Zeit schaffen es die Spieler*innen mit Leichtigkeit in die Tiefe zu tauchen – vielen Dank, dass ihr uns mitgenommen habt. 

Danach geht’s mit dem Zug zum KJT Dortmund: Dort starten gleich die vielfältigen Workshops: Auf der Bühne und draußen werden Physical Theatre und Bewegungs-Methoden ausprobiert, während an einem Tisch Charaktere mithilfe von Einkaufszetteln entwickelt werden. In der ersten Etage gibt es Unmengen an Bastelmaterial: Zum einen werden Roboter gebaut, die sich wackelnd und zappelnd und malend fortbewegen. Zum anderen bekommen im Raum des Bühnenbild-Workshops kleine Modell-Figuren ihre eigenen kleinen Bühnen. Im Keller dagegen geht es beim Regie-Workshop um die Feinheiten bei z.B. einer Bauprobe: Nicht nur die Technik will gelernt sein, sondern auch der Umgang mit den Techniker*innen. Auch die Theaterpädagog*innen sind beschäftigt: In ihrem Profi-Workshop können sie sich in Ruhe über ihre Erfahrungen und Arbeitsweisen austauschen – natürlich mit reichlich Kaffee. 

Anschließend geht es dann zu “Mädchen wie die” auf die Probebühne. Die Spieler*innen des Jugendclubs zeigen uns ihre Werkschau, die aber schon sehr gut ausgestattet ist: Kostüme und das auf vielfältige Art bespielbare Bühnenbild passen vollkommen zur Geschichte, in der eine Schulklasse beginnt, ein Mädchen aus ihrer Mitte zu mobben, da ein Nacktfoto von ihr in Social Media verbreitet wurde. Den Darsteller*innen gelingt eine schwierige Balance: Einerseits zeigen sie eine gnadenlose Gehässigkeit, auf der anderen Seite wird auch immer wieder sichtbar woher sie kommt: Unsicherheit, Angst und der gesellschaftliche Druck dem Mädchen ausgesetzt sind. Das Stück regt zu vielen Fragen an, z.B. wie man selbst gegen den Druck einer Gruppe Widerstand leisten kann.

Und schon wird die Reise fortgesetzt! Auf dem Weg zum Schauspiel Dortmund werden die UnruhR-Sticker großzügig verteilt und sobald auch nur kurz Leerlauf entsteht, wird der UnruhR-Schlachtruf angestimmt. Kurz vor dem Einlass werden dann noch spontan ein paar Warm-Up-Spiele gespielt. Dann geht es aber auch schon los: Die ECOisten zeigen uns “No planet B – The silence afterwards.” In der Stückentwicklung haben sich die Spieler*innen mit der schwierigen Frage beschäftigt, wie mit dem Problem des Klimawandels umzugehen ist. Auf der Bühne werden die Rollen rasch gewechselt: Mal blicken Menschen aus der Zukunft auf das Jahr 2022 zurück und sind froh, dass der Klimawandel abgewendet werden konnte. Dann blicken wir in eine Dystopie, in der es klare Herrscher gibt, die die niederen Klassen unterdrücken. Das Stück hüpft von Szenario zu Szenario und endet mit einem Appell, die Hoffnung nicht aufzugeben: Gemeinsam mit unseren Freund*innen können wir es schaffen die Katastrophe abzuwenden, wenn wir uns alle genügend dafür einsetzen. Wenn wir alle so viel Tatkraft wie die Spieler*innen beweisen, glaube ich auch daran!

Die Nachgespräche finden dann wieder draußen statt. Auf dem Hof des Schauspiels Dortmund ist für jeden der Jugendclubs des Tages ein Feld abgeklebt: Darin dürfen die Darsteller*innen ihr Publikum zum Stück befragen: Konntet ihr euch mit bestimmten Szenen identifizieren? Geht man eher hoffnungsvoll oder hoffnungslos aus dem Stück? Habt ihr auch schon mal Peer Pressure erlebt? 

Nach so viel geistiger Nahrung tut das Abendessen mit veganer Nahrung dann doppelt gut. Und so endet zumindest der analoge Teil des Tages und nach und nach machen sich die Gruppen auf den Heimweg. Im Discord wird im Nachtcafé dann noch ein bisschen weiter getratscht.

Tag1: Mittwoch

Die erste Kontakt-Aufnahme des Festivals mit seinen Besucher*innen ist die freundliche Begrüßungs-Mail am Morgen, die nochmal den genauen Tagesplan enthält, sowie der unruhRige Podcast von Josefine Rose Habermehl. Dort sind heute Sarah Wessels, die Archivarin des UnruhR-Festivals zu Gast sowie das UnruhRgebiet und die Gruppe mashup X vom Theater Oberhausen. Die Clubs erzählen von ihren Arbeitsprozessen und den Herausforderungen, die sie dabei meistern mussten.

Reges Treiben herrscht dann nachmittags im Innenhof des Theaters Oberhausen: Nach und nach (manche mit zug-bedingter Verspätung) trudeln alle Jugendclubs ein. Und es gibt auch sofort einiges zu tun! Gleich links kann man sich ein T-Shirt per Siebdruck dekorieren lassen, damit das große UnruhR-R unübersehbar darauf prangt. Mit den Textilstiften aus den Festivalbeuteln kann man dann außerdem die Unterschriften der anderen Teilnehmer*innen sammeln oder das Shirt nach Herzenslust bemalen. Die Button-Maschine wird auch gut genutzt: Nun sind alle mit Namensschildern ausgestattet. Neben den eigenen Smartphone-Kameras liegt auch eine Polaroid-Kamera bereit mit der einige Selfies und Gruppenfotos gemacht werden. Von den ECOisten aus Dortmund (die am Donnerstag auftreten werden) liegt auch das „Gästebuch der Erde“ aus, in dem man sich verewigen kann.

Anschließend geht es dann zum etwas offizielleren Teil über: Was wäre eine Festival-Eröffnung ohne Reden? Anke Weingarten moderiert das Ganze und die erste Rede kommt vom Intendanten des Theaters Oberhausen, Florian Fiedler. Er hält ein Plädoyer für „Darstellendes Spiel“ als verpflichtendes Schulfach und freut sich umso mehr, dass so viele Jugendliche von sich aus Theater spielen wollen. Per Videobotschaft ist dann die Festival-Gründerin Martina Droste dabei, für die das Festival ein Ort ist, um Grenzen einzureißen, damit viele verschiedene Menschen einen gemeinsamen Raum finden können. Bernhard Deutsch, ein weiterer Festival-Gründer, erzählt dann von den Hürden, die das Festival nehmen musste, um weiter bestehen zu können und lobt die Weiterentwicklung, die UnruhR gerade in den letzten zwei Jahren durchlebt hat. Mit der Festivalleitung Josephine Raschke wurde zum Schluss dann noch ausgiebig der Festival-Schlachtruf geübt!

Und schon wird das erste Stück gezeigt: Das UnruhRgebiet präsentiert „Alle meine sieben Sachen“. Zunächst sagen die drei Spielerinnen nichts: Für sie sprechen Audio-Aufnahmen, die von Verlusten und Erinnerungen erzählen – trotzdem geht es auch wild zu: Die zahllosen Koffer auf der Bühne sollen versteigert werden! Dabei gehört doch einer davon einer Spielerin! Warum der Koffer so wichtig ist, erfahren wir später: Durch einen Szenerie-Wechsel sind wir plötzlich bei der Aufnahme eines Podcast dabei: Eine FSJlerin erzählt von ihrer Arbeit mit Demenz-Kranken. So verstehen wir im Nachhinein, dass wir zu Beginn des Stücks bei den Erinnerungen zweier an Demenz erkrankter Menschen dabei waren.

Aus dem Hof duftet uns danach schon das Abendessen entgegen: Penne mit vegetarischer Bolognese und Gemüse. Gestärkt geht es dann wieder zurück in den Saal: Mashup X zeigt einen Zwischenstand ihres Stücks „Ungewohnt/Gewohnt“, das am 9.6.2022 auf der Probebühne 2 des Theater Oberhausen Premiere feiern wird. Vier Figuren wohnen zusammen – obwohl sie sich alle nicht ganz grün sind: Da sind die zurückgezogene Philosophie-Studentin, die Polizei-Anwärterin mit Aggressions-Problemen, die alkoholkranke Weinliebhaberin und die geschiedene Frau mit Putzfimmel. Ständig wird gemeckert und gezankt – bis der erzwungene Auszug vor der Tür steht. Sie raufen sich zusammen – ob sie aber weiter zusammen wohnen werden oder getrennte Wege gehen erfahren wir wohl erst bei der Premiere. Alles Gute und viel Erfolg dafür!

Zum Nachgespräch bleibt das Publikum zwar weiter im Saal, bewegt sich aber durch den Raum: Es werden einige Ja-Nein-Fragen gestellt und je nachdem, ob man bejahen oder verneinen will, stellt man sich auf die eine oder andere Seite des Raumes. Manche Fragen werden fast einstimmig beantwortet, während andere das Publikum eher spalten. Die Fragen und Antworten können als gute Anregung für die Gespräche in den kommenden Tagen dienen! Nach und nach verlassen die Teilnehmer*innen dann das Theater, um sich per Zug auf den Heimweg zu machen.

Von zuhause aus gibt es dann noch die Möglichkeit im digitalen Festivalzentrum herumzustöbern: In Sarahs Stücke Ecke auf Discord wurde zum entspannten Ausklang des ersten Festivaltages Sergej Gößners „Der fabelhafte Die“ gelesen.

Trailer

Es ist soweit! Wer jetzt noch einmal in den Erinnerungen an unsere fantastische Zeit im Sommer schwelgen möchte, hat hier noch einmal die Gelegenheit. Vermissung neben Freude, Verrücktheit neben berührender Ehrlichkeit.
Es war schön mit euch!