Tag 2: Donnerstag – Jetzt mit Tauben!

Tag 2 startet direkt mit Sonnenschein. Im neuen Wartesaal des Herner Bahnhofs warten wir auf die Vorstellung im alten Wartesaal: Die Gruppe pottspiel vom theaterkohlenpott zeigt uns “gekommen, um zu gehen”. Die Performer*innen beginnen mit Kontaktgesuchen: Versteht mich hier jemand? Braucht jemand Hilfe bei Grafik-Design? Die unterschiedlichen und doch ähnlichen Figuren suchen ihren Platz in der Welt. Und so sucht auch das Publikum seinen Platz im Raum. Der ganze Saal ist Bühne und Zuschauerraum zugleich – kaum habe ich meinen Platz gefunden, werde ich mal höflich, mal barsch darum gebeten, mich anders zu positionieren. Der Schwarm der Performer*innen findet sich immer wieder zusammen, um sich dann in kleinen Monologen oder Duetten sehr verletzlich zu zeigen. Die rührenden Momenten werden dann oft durch humorvolles Spiel aufgefangen. 

Danach werden die Kleingruppen-Gespräche in der Sonne geführt, um sich zum Talk im Plenum wieder im Wartesaal zu versammeln. Das Publikum beschäftigt die Frage, warum die Performer*innen so krass tanzen können und ob die Texte selbst geschrieben waren (waren sie!)

Dann machen wir uns wieder auf die Reise: Auf nach Essen! Als Mittagssnack bringt uns die Wohnküche belegte Brote und Getränke. Auf dem Hirschlandplatz beim Schauspiel Essen machen wir ein Picknick. Aber nicht nur die UnruhR-Teilnehmer*innen sind hungrig: Unter Todesgefahr werden die Butterbrote erfolgreich gegen hungrige Tauben verteidigt.

Die Positronen bringen dann ihre Performance “Nichts. Oder was noch da ist” auf die Bühne. Mit sage und schreibe 22 Performer*innen begeben wir uns in eine befremdliche Welt: Die Figuren finden sich in einem leeren Raum wieder: Keine Bäume, keine Häuser, kaum bekannte Gesichter. Alle ‘alten’ Menschen sind verschwunden. Die, die noch da sind, befragen sich gegenseitig zur Situation: Was ist passiert? Wer trägt die Schuld? Wie wird es weitergehen? Eine bunte Mischung aus Charakteren bringt das Publikum zum Lachen und Feiern – Mit den richtigen Menschen ist es vielleicht gar nicht so bedrohlich, von Neuem anfangen zu müssen. 

Beim Nachgespräch geht es dann erstmal darum, wie man mit so einer riesigen Gruppe überhaupt probieren und spielen kann – zum Schlussapplaus passen die 22 Spieler*innen gerade so nebeneinander auf die Bühne. Auch die Charaktere werden befragt: Beruht die Sache mit dem 21-jährigen Anwalt tatsächlich auf einer wahren Begebenheit?!

Und schon steigen wir in die nächste Bahn: Es geht nach Duisburg!  

Der Spieltrieb zeigt uns “Die Tagesschau von vor 18 Jahren” von Simon Paul Schneider. Das Stück wurde zum 18. Geburtstag des Spieltrieb geschrieben und begleitet die Figur Joy und ihre Emotionen von Geburt an: Nebeneinander werden Weltgeschichte und das persönliche Aufwachsen eines Mädchens erzählt. Die Spieler*innen sind alle zugleich Joy: Ihre Angst, ihre Wut, ihre Vernunft, ihre Naturverbundenheit usw. Im Hintergrund agieren immer wieder geheimnisvoll der Tod und eine mysteriöse Figur, die sich als “Sport” vorstellt, aber nicht ganz ehrlich wirkt. Mit großer Spielfreude agieren die Darsteller*innen sehr lebendig und nehmen uns mit auf diese Zeitreise durch Lebens- und Weltgeschichte.

Nach dem Schlussapplaus geht’s dann wieder an die frische Luft: Die Pasta von der Wohnküche wird wieder mal als Picknick im Hof des Theater Duisburg genossen. Im Nachgespräch werden dann einige Fragen geklärt: Was hatte es mit dem “Sport” auf sich? Wie ist das Ende des Stücks zu verstehen? 

Nach der letzten Frage endet dann der offizielle Teil des Programms. Den lauen Sommerabend genießen wir dann noch eine Weile in Duisburg, bevor die Züge uns alle nach Hause bringen.